Es gab mal eine Zeit, da habe ich die Grünen gewählt. Es gab keine Alternative für mich, jedenfalls keine, die mir sinnvoll erschien. Vielleicht hatte ich da den Wahlomat nicht befragt, vielleicht wusste ich gar nicht, dass es ihn gibt (was mir heute nicht mehr passiert). Mindestens einmal habe ich den Grünen meine Stimme gegeben, und ich weiß, das ist lange her. Und es wird mir ganz sicher nicht mehr passieren.
Es gibt viele Gründe, warum das so ist. Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg, zeigt wohl am deutlichsten, wie weit sich die Grünen von ihrem ursprünglichen Denken und Argumentieren entfernt haben. Robert Habeck kann bestenfalls und netterdings als Schwätzer durchgehen. Und was die zahlreich vorhandenen weiblichen Mitgliedenden angeht, so müssen sich nicht wenig schon ordentlich lang machen, um einigermaßen ansehnlich zu sein.
Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr reagierten die Hamburger Grünen auf die Idee der Witwe des Jan Fedder, weit über Hamburg hinaus bekannter Schauspieler und ein echtes Hamburger Original, die Flaniermeile an den Landungsbrücken nach ihm zu benennen, mit einer mehr als krausen Forderung, die schlicht und ergreifend nicht nur nicht akzeptabel, sondern einfach nur bodenloser Schwachsinn ist.
Der VDS-Infobrief vom 06.02.2021 vermeldet dazu:
Gender-Streit um Jan-Fedder-Promenade
Der Schauspieler Jan Fedder war ein Hamburger Original. Er starb 2019 , am Hamburger Hafen soll die Flaniermeile an der Landungsbrücke nach ihm benannt werden. Während zunächst der Vorschlag seiner Witwe begrüßt wurde, regt sich nun Widerstand. Nach dem Willen der Fraktion sollen künftig keine Straßen, Plätze oder Brücken mehr nach „cis-Männern“ benannt werden. So einer war Fedder, und das – so die Grünen in der Bezirksfraktion Hamburg-Mitte – würde das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen bei der Benennung von Straßen und Plätzen verschärfen. Seit 1974 wurden in Hamburg 404 Verkehrsflächen nach Männern benannt, 162 nach Frauen. Die Grünen haben daher einen eigenen Antrag eingereicht: „Priorität sollen weibliche und diverse Benennungen haben. Ausnahmen für Männer wären aber möglich. Dann müsste aber ein besonderer Grund für die Ehrung eines Mannes vorliegen und zeitgleich eine Fläche nach einer Frau, einer inter, trans* oder non-binary Person benannt werden, heißt es im Antrag“, schreibt das Portal moin.de. In der Meldung des Abendblattes werden cis-Männer erwähnt. Wer an die Tongeschlechter denkt (cis-Moll, Cis-Dur), der irrt. Die Präfixe cis und trans (diesseits und jenseits) entdeckt man beispielsweise auf Reisen: die cisalpine und die transalpine Seite der Berge.
Dieses höchst zweifelhafte Kabinettstückchen jedenfalls ist für mich Anlass, die Grünen bei zukünftigen Wahlen nicht einmal mehr ansatzweise als wählbar in Betracht zu ziehen.
Die (übrigens sehr interessanten) Quellen: vds-ev.de, mopo.de, moin.de, abendblatt.de
„Ausnahmen für Männer wären aber möglich. Dann müsste aber ein besonderer Grund für die Ehrung eines Mannes vorliegen und zeitgleich eine Fläche nach einer Frau, einer inter, trans* oder non-binary Person benannt werden, heißt es im Antrag.“
Ausnahmen für Männer wären möglich? Wie großzügig. Es ist ehrenhaft, darauf hinzuweisen, dass Straßen und Plätze auch nach nichtbinären Personen oder Frauen zu benannt werden sollten bzw. dass offensichtlich Männer bei der Benennung von Straßen und Plätzen bevorzugt werden. Allerdings soll hier an einen bekannten Schauspieler erinnert werden, der vermutlich nicht aufgrund seiner sexuellen Indentität oder seines Geschlechts bekannt wurde, sondern durch schauspieleriesche Leistung. Seit wann ist das Verdienst einer Person vom Geschlecht oder der sexuellen Vorliebe abhängig?
Da wird in meinen Augen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Heterosexualität als k.o.-Kriterium? Wow. Man kann auch zu weit gehen.
Gemäß folgender Studie (https://www.vice.com/de/article/xdp5dw/deutschland-ist-das-queerste-land-europas) bezeichnen sich knapp 11 Prozent der deutschen Bevölkerung als nicht heterosexuell. Pragmatisch gesehen könnte ich somit vorschlagen, dass ab sofort 11 Prozent aller Straßen und Plätze nach Nicht-Heterosexuellen benannt werden sollten.
Rein mathematisch wäre das konsequent, allerdings würde man mir sofort Homophobie unterstellen.