Es war von Anfang an eine gute Idee, mit Books on Demand in Norderstedt (fürderhin nur noch BoD genannt) zusammenzuarbeiten. Als ich 2003 das erste Buch unter dem Label p.machinery machte, das berühmt-berüchtigte Ikebana-Buch von Ayako Graefe, wurde es bei Maro in Augsburg gedruckt. Den Vertrieb machte ich selbst – und es war eine Heidenarbeit.
Als ich dann 2007 mit den beiden Hundebüchern (von Franjo Goebels und Claudia Hagn) und dem Weltreise-Buch von Bernd Robker zugange war, bahnte sich eine notwendige Entscheidung an. Franjos und Claudias Bücher machte ich auf die klassische Weise, weil beide Autoren den Vertrieb selbst übernahmen. Bernds Weltreise-Buch war das erste, das ich bei Books on Demand machen ließ – damals noch für richtig viel Geld. Aber es war eine gute Entscheidung.
2009 ging es dann mit Science Fiction los, mit AndroSF, und es war schnell erkennbar, dass ich nicht alles allein machen konnte: Lektorat, Korrektorat, Layout und Druckvorlagen, Vertrieb … Das ging einfach nicht. Ich wusste, dass ich entweder Bücher machen oder Bücher verkaufen konnte. Und was ich wollte, war: Bücher machen.
Der Rest ist Legende. Bis auf zwei Bücher werden alle meine Titel von Books on Demand in Norderstedt produziert, im Markt verfügbar gemacht und praktisch vertrieben. Ich bekomme eine Marge, die ich selbst steuern kann – eigentlich, andererseits nicht wirklich –, von der ich nicht nur nicht reich werde, von der ich letztlich auch meinen Verlag nicht am Leben erhalten kann, aber gut …
Es ist ein Zuschussgeschäft – mit Ausnahmen; es gibt Titel, die sensationell laufen. Das Ikebana-Buch, der Todorov-Titel von Simon Spiegel, die Mallorca-Schattengeschichten, das eBook der Gragerschen »Nanobots«. Und natürlich die DSFP-Anthologie »Die Stille nach dem Ton …« (AndroSF 20).
Am wichtigsten jedoch war mir bislang, Bücher machen zu können und nicht meine durch einen Hauptberuf bedingt rare Freizeit für den Buchvertrieb aufwenden zu müssen. Dass das ging – und meine Bücher gleichzeitig überall im normalen und im Internetbuchhandel zu bekommen sind –, war und ist BoD zu verdanken. BoD sind auch die bisher erschienenen eBooks zu verdanken – preisgünstig ist die Produktion nicht (0,29 EUR pro Seite des zugrunde liegenden Printbooks), aber das Ergebnis ist technisch einwandfrei (und ich habe keine Zeit – und eigentlich auch keine große Lust –, mich mit der eBook-Produktion auseinander zu setzen) und die Verbreitung gut.
Eigentlich sollte ich also zufrieden sein. Ich bekomme viermal im Jahr Margenabrechnungen für Printbücher und eBooks, die immer hübsch dreistellig ausfallen, und einmal im Jahr eine Rechnung für die Datenhaltung, und dann natürlich die Einzelrechnungen für Mastering, eBook-Konvertierung und eventuelle Buchbestellungen.
Als Gegenleistung habe ich eine Marktdurchdringung, die sich sehen lassen kann. Sieht man von den EU-abmahnreifen Ignoranten von KNV ab, bekommt man p.machinery-Bücher einfach und trotz PoD schnell und überall.
Eigentlich sollte ich also zufrieden sein.
Oder?
Aber ich bin es nicht. Ich habe keine Veranlassung, mir über die Organisation von BoD Gedanken zu machen. Dafür werde ich nicht bezahlt, das interessiert mich nicht. Aber mich interessieren die Probleme, die aus deren Organisation entstehen.
Es gibt keine Namen, keine Ansprechpartner. Ab und zu gerät man an eine direkte Emailadresse, aber das ist selten und eher ein Zeichen dafür, dass es ernsthafte Probleme zu bewältigen gibt. Ansonsten ist man auf die Emailadresse info@bod.de angewiesen.
Es gibt keine Mitarbeiter bei BoD, die die Nachrichten lesen, die man dem Geschäftspartner BoD schickt. Oder sie sind angewiesen, sie zwar zu lesen, aber nicht individuell darauf zu antworten. Die Antworten, wenn man sie nach mehreren Tagen bekommt, bestehen aus Textbausteinen. Wenn die Antworten das nicht tun, hat man wieder ein ernsthaftes Problem, das es zu bewältigen gilt.
Aber am schlimmsten ist, dass die BoD-Leute nicht verstehen, worum es geht, nicht verstehen, was man ihnen sagt.
Das erste Mal war das bei STORY CENTER 2010, der »Inzucht«-Anthologie der Fall, die von BoD – damals schon nur Druckerei, längst nicht mehr Verlag – abgelehnt wurde, obwohl das einer Druckerei in einem solchen Fall überhaupt nicht zusteht. Obwohl BoD Wochen brauchte, bis die Ablehnung öffentlich mitgeteilt wurde – technisch modern per Postbrief, formuliert mit Hilfe von Textbausteinen –, war erkennbar, dass niemand dort gelesen hatte, worum es in den Geschichten ging. Das einzige Kriterium war der Titel des Buches.
Und es gab zwischendurch einige Fragen, die ich hatte. Ich stellte sie, an info@bod.de. Die Antworten waren Textbausteine, die erkennen ließen, dass niemand wirklich gelesen hat, was ich erfahren wollte. Da ging es z. B. zuletzt um ein simples Kalkulationsproblem.
Legt man bei BoD einen Buchauftrag an, kann man mit Seitenzahlen, Papierqualitäten, Formaten und natürlich der Marge jonglieren, um auf einen Buchverkaufspreis zu kommen. Was man nicht kann, ist, ein dazu gehörendes eBook zu kalkulieren – das geht erst, wenn man den Auftrag so weit hat, dass man ihn nur noch abschließen kann. Der textbausteinliche Verweis von BoD verwies auf eine Unterseite von www.bod.de, auf der Autoren (! – nicht Verleger!) Printbuch- und eBook-Verkaufspreis kalkulieren können. Der Witz: Die Marge eines Autoren-eBooks bei BoD (mit BoD-ISBN) beträgt 50 % der Marge eines eBooks, das ich mit meiner eigenen ISBN auf Basis eines entsprechenden Printbuches in Auftrag geben. Das bekommt man nirgendwo mitgeteilt. Auch nicht in einer mit Textbausteinen aufgefüllten Email.
Diese Art von Kommunikation ist keine Kommunikation, sondern im Grunde eine Form von Verarschung, die man sich eine Weile gefallen lässt – und dann eben nicht mehr. Diese Art von Kommunikation war einer der Gründe, warum ich nach mehr als zehn Jahren meine Geschäftsbeziehung mit 1+1 aufkündigte, nachdem mein Premiumpaket mit persönlichem Ansprechpartner (mit direkter Durchwahl, persönlicher Email und garantierter Nichterreichbarkeit) auch nur noch aus Textbausteinantworten bestand.
Und diese Art von Kommunikation wird unter Umständen jetzt auch BoD zum »Verhängnis«. Nicht, dass ich annähme, es würde BoD wirklich schaden. Aber BoD arbeitet massiv daran, Kunden zu verlieren. Und wenn nur ich es bin.
Konkreter Anlass ist eine Reklamation. Seit einer Reihe von Titeln habe ich mir zur Angewohnheit gemacht, vor der Veröffentlichung bei BoD eine Subskriptionsphase auszurufen, und die daraus resultierenden Bestellmengen zzgl. der Belegexemplare, der Pflichtstücke und sonstige Stücke beim Schaltungsdienst Lange in Berlin drucken zu lassen (nachdem ein anderer Anbieter in Frankfurt/Main qualitativ nicht zuverlässig erschienen ist). Der spätere Bedarf wurde dann über BoD produziert und abgewickelt. Für meine Bibliothek und für meine Autoren, Herausgeber, Grafiker u. ä. bestellte ich einzelne Belege bei BoD.
Von AndroSF 26 (Gabriele Behrend, HUMANOID) und AndroSF 7 (Axel Kruse, Unter dem weiten Sternenzelt, 2. Auflage mit geändertem Layout) waren das je drei Exemplare. Alle diese Exemplare waren nur als Fehldrucke einzustufen.
Das AndroSF-Logo auf der Titelseite, rechts unten, ist klassisch im Anschnitt positioniert, d. h., es geht bei der Buchproduktion absichtlich ein Teil des Logos am unteren und rechten Rand verloren. Das ist Absicht; betroffen ist das SFCD-Logo, das eh jeder kennt, der die AndroSF-Bücher kauft. Die Druckereien, die für BoD arbeiten – das machen die längst nicht mehr selbst in Norderstedt –, gehen hin und verschieben die Umschlagmontagen »aus dem Stand heraus«. Dadurch ist das Logo nicht mehr angeschnitten, sondern voll sichtbar. Dadurch sitzt der Buchrückenschrift nicht mehr mittig, sowohl zwischen Front- und Backcover, als auch zwischen oberem und unterem Buchrand. Und kein Cover weist die gleiche Positionierung wie das nächste auf; alles ist mal so, mal so, mal da hin, mal dort hin verschoben. (Selbst mein einfacher Sharp MX2600N-Digitalkopierer und -drucker weist eine geringere Verschiebung bei mehreren gleichen Drucken nacheinander auf!)
BoD hat die Reklamationen, die ich per Email übermittelte, angenommen und dies per Postbrief bestätigt (!). Ich wurde gebeten, Musterexemplare hinzuschicken, was ich natürlich tat. Je ein Stück.
Zurück kamen die Musterexemplare und dazu ein textbausteinbestückter Formbrief, gemäß dem das, was ich reklamierte, kein Mangel, sondern das Ergebnis der von mir eingelieferten Druckvorlagen sei. Zur Beweisführung fügte man Ausdrucke der Umschlagdateien aus dem BoD-System bei, versehen mit Beschnittlinien (die noch dazu am rechten Rand falsch positioniert waren, weil dort der Beschnitt nicht die verlangten 5 mm, sondern weniger aufweist).
Anhand dieser Ausdrucke war erkennbar, wo der Fehler lag. Schon die beiden Musterexemplare – einmal AndroSF 26, einmal AndroSF 7 – waren anders gedruckt, als die Umschlagausdrucke von BoD vorgaben. Ganz zu schweigen davon, dass auch die anderen, hier noch lagernden Bücher nicht so gedruckt waren.
Aber gut. BoD hatte seinen Textbausteinbrief geschrieben, und das sollte es wohl gewesen sein.
Ich habe am Morgen des 07.03. den Bescheid zu den Reklamationen abgelehnt und aufgefordert, Fragen zu beantworten (und zwar, wenn möglich, nicht mit Textbausteinen). Ich habe gleichzeitig alle reklamierten Druckexemplare zurückgeschickt und BoD aufgefordert, die Bücher miteinander und mit meinen Beanstandungen zu vergleichen.
Und als ich die Sendung zur Post brachte, war mir bereits klar, dass es nicht darum geht, BoD noch eine Chance zu geben. Ich werde auch zu dieser wiederholten Reklamation nur einen Textbausteinbrief und die Rücksendung der Fehldrucke erhalten. Und ich werde kein Buch mehr bei BoD produzieren lassen.
Das ist sicher.
Es wird Auswirkungen auf die Verfügbarkeit meiner Bücher im Markt haben. Sie werden über VLB bestellbar sein. Vielleicht kapiert auch KNV endlich, dass es meinen Verlag gibt. Und sie werden bei Amazon zu bekommen sein – über den Marketplace.
Ich werde mir etwas ausdenken (müssen), um die 3 Euro Zusatzkosten, die Amazon dann verlangt, auszugleichen. Aber ich denke, da fällt mir etwas ein.
Ich werde mir auch etwas ausdenken (müssen), um anders zu kalkulieren. Um die notwendige Vorfinanzierung von Kleinauflagen durchzuhalten.
Ich habe mich längst entschieden, mit dem Schaltungsdienst Lange zu arbeiten. Arbeiten zu wollen. SdL, wie man sie abkürzt, ist auch nicht klein. Ganz sicher nicht. Die sind in der Szene bekannt. Die liefern Topqualität. Die haben Mitarbeiter mit Namen und direkten Emailadressen, die nicht mal geheim sind, sondern auf Dokumenten wie Lieferscheinen und Rechnungen stehen, die man aus Emails entnehmen kann. Die beantworten Fragen nicht mit Textbausteinen, sondern mit eigenen Worten, Sätzen, Formulierungen. Und die haben gute Konditionen.
Und ich habe mich eigentlich längst entschieden, auch die Zusatzangebote von SdL zu nutzen. Den Lager- und Versandservice zum Beispiel.
Im Grunde habe ich mich längst entschieden, BoD den Rücken zu kehren. Ein bisschen will ich mich noch zieren. Vor dem Badspiegel. Damit es nicht so aussieht, als würde ich Entscheidungen einfach so über’s Kreuz brechen. Aber eigentlich habe ich mich längst entschieden. Denn:
Ich lasse mich nicht verarschen. Oder anders:
Ich.
Lasse.
Mich.
Nicht.
Verarschen.
Und Verarschung ist das, was BoD eigentlich macht. Jedenfalls dann, wenn es nicht um korrektoratsunfähige, lektoratsresistente und layoutahnungslose PoD-Autoren geht. Sondern um ernsthafte Verleger.