Wind und Weigerung. Über Windparks, nicht nur in Dithmarschen, ebda., 02./03.06.

Ich finde Windräder faszinierend. Sie fesseln den Blick, wie sie sich mehr oder minder schnell im Wind drehen – und oft frage ich mich, wie leicht die Naben der Rotoren laufen müssen, wenn ich als Mensch den Eindruck habe, dass es doch fast windstill ist. Sie sind lautlos, selbst wenn man darunter steht, hört man sie praktisch nicht. Nur ab und zu und nur bei einigen der Rotoren ist ab und zu ein Aggregat zu hören, von dem ich annehme, dass es die Nabe eine Idee weiter nach rechts oder links in den Wind dreht. Die Windräder haben etwas Psychedelisches an sich. Man kann sich hinstellen und sie endlos lange anschauen. Man könnte mit einem Kumpel oder zweien bei einem Kasten Bier Wetten abschließen: schnell hinschauen, welches Windrad ist schneller oder langsamer, das ist meines, das ist deines, ja, deines ist schneller, du hast gewonnen, Prost! Man kann Überlegungen anstellen, warum das eine Rad rotiert, während sein Nachbar stillsteht. Man kann theoretisieren, ob für den Start eines Windrades Energie aufgewendet werden muss oder ob ein Windstoß ausreicht, um sie anlaufen zu lassen.
Ich finde Windräder faszinierend.

Ich finde die Diskussionen in Deutschland, in denen es um Windenergie und andere alternative Energiegewinnungsmethoden geht, nicht faszinierend – sondern peinlich. Bayern, dessen Staatsregierung ja seit einiger Zeit mit besonderem Bemühen daran arbeitet, die sogenannte Energiewende zu kippen, ist da in meinen Augen der vorreitende Beweis dafür, dass wir von der Politik nach Strich und Faden belogen werden.

In Bayern gibt es ja nun Vorschriften. Alle möglichen. Wie weit ein Windrad von der Bebauung entfernt stehen muss. Wie viele zu einem Windpark gehören dürfen. Und so weiter, und so fort. Die Subventionen der Windkraftanlagen – wie auch der Sonnenenergiegewinnungsvorrichtungen – wird zurückgefahren, während der Bürger gleichzeitig die sogenannte EEG-Umlage weiter zahlen darf. Und während also durch das Senken – und die irgendwann erfolgende Streichung – der Zulagen für die Weiterentwicklung der alternativen Energiegewinnung erreicht werden soll, dass immer weniger Leute immer weniger Sonnenkollektoren aufs Dach oder in den Garten schrauben und immer weniger Windparks gebaut werden, kann dann die vom Bürger abkassierte EEG-Umlage den klassischen Energiegewinnungsmethoden zufließen. Es ist ja auch wichtig, dafür zu sorgen, dass unsere Energieversorgung sichergestellt ist. Und das kann nur die Kohle, das Fracking. Denn Windkraftanlagen und Sonnenkollektorfarmen sollen ja nicht mehr gebaut werden, weil wir schon über zu viel Energie verfügen.
Ähm?

Die Atomkraft wird es wohl nicht mehr schaffen. Dem Bürger wäre nicht zu erklären, was das alles sollte, und ich bin sicher, dass das für die regierenden Parteien böse ins Auge gehen würde. Und das ist gut so.
Aber sonst? Bayern propagiert Biogasanlagen. Und warum? Damit noch mehr Ressourcen geschaffen werden müssen, um diese Biogasanlagen zu betreiben, die ja eigentlich – lt. Herrn Seehofer & Co. – nur dann zum Einsatz kommen sollten, wenn Biomasse zur Verarbeitung vorhanden wäre. Aber diese Umkehrung kennen wir doch schon: Da wird etwas geschaffen, um etwas sinnvoll zu verarbeiten, das anderenfalls als Abfall enden würde; und dann wird der Abfall gezielt produziert, um die entsprechenden Anlagen zu betreiben. Das erinnert mich an E10.
Und natürlich die Kohle, Deutschland allerliebstes Industriebaby seit Urzeiten. Mitunter denke ich, es käme Deutschland vermutlich vor, man würde ihm die Eier mit einem rostigen Messer abschneiden, würde man die Kohleförderung wirklich endgültig einstellen – oder doch wenigstens ihre zweifelhafte Verarbeitung in Dreckschleuderkraftwerken von ebenso zweifelhafter Effizienz.

Die Politik ist dabei, im Namen der angeblichen Energiewende nicht nur einen, sondern zwei Schritte zurück zu machen. Die gefährliche Atomkraft wird abgeschaltet – und gleichzeitig soll mit Braunkohle, Steinkohle und Fracking sichergestellt werden, dass der deutsche Mensch nicht länger überleben kann, als unbedingt nötig. Nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanziell.
Aber der Bürger bekommt die Politik, die er verdient. Wer zuletzt CDU/CSU und SPD gewählt hat, kann sich nicht herausreden. Es war deutlich erkennbar, wohin die Entwicklung geht – jedenfalls im Lager der CDU/CSU. Und es war vor allem auch klar, dass Seehofer und Konsorten nichts freiwillig mitmachen würden, was ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen würde. Und das ist in Bayern Biogas. Und Fracking.
Aber wie gesagt, der Bürger bekommt, was er verdient. Und die Kleingeister dieser Republik, die sich gegen neue Stromtrassen wehren, die mit Bürgerentscheiden erreichen, dass Windkraftanlagen ebenso wenig gebaut werden, wie Sonnenkollektorfarmen oder Wasserkraftanlagen, die es auch für den kleinen Staudamm am hauseigenen Bach gibt, die damit argumentieren und argumentieren lassen, Windkraftanlagen und Sonnenkollektorfarmen würden das Landschaftsbild verschandeln, die outen sich damit als das, was sie sind: völlig verblödete Kleingeister eben, die gedanken- und hirnlos irgendwelchen Lobbyisten irgendwelchen Lobbyistenscheiß nachplappern und allen Ernstes glauben, das sei die Wahrheit.
Wer ernsthaft glaubt, Windräder würden die Landschaft verschandeln, der hat noch kein Kohlekraftwerk gesehen. Der hat auch noch keinen Braunkohleabbau gesehen. Wer ernsthaft glaubt, Sonnenkollektorfarmen würden die Landschaft zerstören, der glaubt auch, dass Biogasanlagen hübsch sind und ihr Geruch dem Geruch frischer Landluft entspreche. Und wer ernsthaft glaubt, dass neue Stromtrassen gesundheitsschädlich seien, der glaubt auch, dass Fracking nicht nur gesund sei, sondern als neue Heilmethode (vielleicht gegen Dummheit?) anerkannt werden sollte.

Ich finde Windräder faszinierend. Wenn sie ein Ausdruck des Entwicklungsstandes menschlicher Zivilisation sind, dann sind wir ziemlich weit gekommen – in positivem Sinne. Sie sind ein Hinweis darauf, was Gott gemeint haben könnte, als er den Menschen aufforderte, sich die Erde untertan zu machen. Jahrtausende lang endete das Bemühen der Menschen, dieser Aufforderung nachzukommen, in einer gnadenlosen Ausbeutung der Ressourcen und letztlich in einer weitverbreiteten Zerstörung der Erde. Die Windräder sind für mich ein Zeichen dafür, dass es einen Weg gibt, der in die richtige Richtung führt.

Menschen, die das anders sehen, aus welchen Gründen auch immer, sind für mich verabscheuungswürdig dumm. Dummheit ist nicht faszinierend. Dummheit ist einfach nur dumm.

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