Rise of European Moments

Ich glaube, der Fall der Mauer und der Untergang der DDR hat uns allen irgendeinen europäischen Moment beschert. Grenzen fielen, Mauern verschwanden – nicht für jeden Europäer, nicht gleich, manch einer baute erst einmal Mauern auf, vor allem in Deutschland. »Waaah, die Ossis kommen!«
Klaus Frick schrieb heute in seinem Blog von einem europäischen Moment in den 80er Jahren. Hier.

Etwas Ähnliches erlebte ich auch. Ganz kurz nach dem Mauerfall waren Gerd Frey und Ralf Lorenz, zwei SF-Fans aus Ostberlin und lange Zeit Briefpartner, in Bayern zu Besuch. Damals wohnte ich noch in Königsbrunn bei Augsburg. Die beiden waren einige Tage bei uns, und natürlich hockten wir nicht daheim vor einem Fernseher oder Computer, sondern cruisten durch die bayerische Gegend.
In München trieben wir uns zwischen Stachus und Marienplatz herum, und als wir an einem Geldautomaten vorbeikamen, entschied ich mich, ein paar gute Deutsche Mark abzuheben. Die beiden Ostberliner sahen sich das Spiel interessiert an, und als ich die Geldscheine ins Portemonnaie packte, meinte der eine – ich glaube, es war Ralf: »Ach, so geht das bei euch? Bei uns muss man dafür einen Monat arbeiten!«
Bei einer anderen Gelegenheit wollten wir uns die Schlösser Ludwigs II. anschauen. Fährt man von Ettal oder Oberammergau aus Richtung Linderhof, befindet man sich auf einer Strecke, die nach Österreich hineinführt, fährt man in die eingeschlagene Richtung weiter. Man kommt dann nach Reutte und Füssen und damit wieder nach Deutschland. Diese Strecke ist schön zu fahren (wenn man solche Strecken durch Bergtäler mag), und so fuhren wir auch nach dem Besuch Linderhofs gen Reutte weiter. Bis uns bei der Vorbeifahrt am Schild, das uns das Betreten der Republik Österreich mitteilte, einfiel, dass unsere beiden Ostberliner noch immer DDR-Bürger waren – und ein Visum für Österreich gebraucht hätten.
Es war ein Moment des ganz persönlichen Thrills und vermutlich auch Unwohlseins. Aber die Strecke ist harmlos. Die Grenze ist »grün«, das heißt, es gab schon damals nicht einmal Grenzanlagen, nicht einmal eine Schranke, die man hätte schließen können (auch das, fast wie bei Klaus, ein Umstand, der die beiden ein wenig erstaunte), und der Weg vom Grenzübergang bis nach Reutte führt über eine Staats- und Landstraße mit relativ wenig Verkehr (außer im Sommer, da ist es eine der ungefährlicheren Rennstrecken für Motorradfahrer). Und so endete das ungeplante Abenteuer problemlos wieder in Deutschland, in Füssen.

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