Lange Zeit, sehr lange Zeit, sehr geehrte und liebe Leserinnen und Leser meiner Einladungen und Informationen, habe ich meine schriftstellerischen Fummeleien nicht mehr öffentlich vorgetragen, bis die Künstlervereinigung »Die Kryptiker« mich aufforderte, dieses im Umfeld der Ausstellung »Vier Jahreszeiten« zu tun, was mich mit besonderer Freude erfüllte und diebischem Ehrgeiz gebar. Nun werde ich also am Sonntag, den 26. Januar 2025, ab 18.00 Uhr, im Künstlerforum Bonn (Hochstadenring 22–24, 53119 Bonn, Tel.: 0228 9695309) meine Remereien, Gedeuchte und anderen Unsinn aufführen, denn wie man so sagt, kann man sich in einer Welt voller Narren nur mit Unfug behaupten. Eingedenk dieser Weisheit scheint mir der Vortrag meiner Werke angebracht. Allerdings werde ich, der Brachialpoet, nicht nur eigenköpfig ausgedachte deftig-krude Banallyrik voll bösen Witzes zelebrieren, sondern die Werke eines weiteren Dichters den meinen gegenüber stellen: André Schinkels kohlestaub- und ramazzottigebeiztem Hirn abgerungene Poesie purpurn getönter Sinnlichkeit.
Beide, Thomas Franke und André Schinkel, befinden sich seit vielen Jahren auf Expeditionen: der eine sucht auf Abwegen nach Teufeln und Hexen und pflegt seine Lust am bösen Schabernack, der andere erforscht, sich vorsichtig durch das »Mondlabyrinth« tastend, die Möglichkeiten eines Dialogs mit der Welt, die nur widerstrebend antwortet auf seine Fragen nach Stolz, Verantwortung, Demut, Zweifel und Sehnsüchten, Sein oder Nichtsein … Hinsichtlicherseits André Schinkels Gedichten und den kurzen Prosatexten, die er im Verlauf seiner Expedition fand, handelt es sich um wertvolles, geheimnisvoll geformtes Mondgestein, mancher Brocken durchschaubar ob seiner transluziden Klarheit, andere wiederum romantisch mit magisch anmutenden Insignien überzogen: Findlinge in von durchlebten Freuden und Leiden unserer Zeit gefurchten Labyrinthen auf wie unter dem Mond.
Franke hingegensätzlich stiefelt lärmend durch den Märchenwald. Aufs Messer provoziert von den durch die Erfindung der Political Correctness ausgelösten Entwicklungen in unserer globulisierten Welt, die sich als Gegenwarts- und Zukunftsverstümmelungen auswirken, und gleichfalls darüber belustigt, schwingt er eingedenk der Behauptung, Grausamkeit sei manchmal eine Form von Ehrlichkeit, das Lichtschwert, um den ledernen Mantel aus solchen verlogenen Wortgebräuchlichkeiten seitens der dunklen Seite der Macht aufzuschlitzen und seine Faust in die darunter verschüttet liegende schmutzige Wirklichkeit zu rammen. Mit der Rücksichtslosigkeit einer Naturgewalt zerreißt er diese Hülle gefühlig-neudeutscher Syntax, bis deren Strukturen splitternackt sich präsentierend zu sehen sind. Und wenn er sich genug geweidet hat an solchem pornografischen Zustand, umhüllt er sie mit absichtlich falsch zusammengespuckten Begriffen, Schachtel- oder selbstgewebten Nonsensworten, wilhelminisch buschinös jandelnd und mit aus brachialem Starckdeutsch gestrickten Grobheiten, oft am Rande des guten Geschmacks entlang schleifend, – manches Mal auch in klebrigen, schlüpfrigen Morast abrutschend. Dadaistische Raserei, Ringelnatzischer Irrsinn und Jandlscher Wortwitz sind nichts gegen seine Gedichte, die er gerne »Gedeuchte« nennt.
Soweit die Beschreibung der Inhalte dessen, was Thomas Franke – an diesem Abend zügellos als Schauspieler und Moritäter brachial aber auch poetisch, ruhig und sinnlich agierend – vortragen und sich damit bemühen wird, dem traurigen Statement, die Literatur verschwinde im neonlichtigen Flackern unserer die Künstlichkeit anbetenden Zeit, sie würde wohl überflüssig werden, Ernst Blochs Behauptung »etwas ist nicht geheuer, damit fängt alles an« entgegen zu panzern plant.
Im Künstlerforum Bonn (Hochstadenring 22–24, 53119 Bonn, Tel.: 0228 9695309)
Aufwandsentschädigungsbeitrag: € 10,00